Auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses vom 06.11.24 stand der Antrag zur Abstimmung, den Plan des Investors Otto Wulff zur Bebauung des Innenhofes Friedensallee/Große Brunnenstraße/Hohenzollernring in die Öffentliche Plandiskussion (ÖPD) zu geben.
Zur Erinnerung: das aktuell vom Investor angepeilte Bauvolumen liegt bei über 15.000 qm Bruttogeschossfläche bei ca. 155 Wohneinheiten und einer Bauhöhe von über 15 Metern, was der Höhe der Gebäude am Hohenzollernring entspricht. Bei einer Belegung mit ca. 2 Personen pro Wohneinheit ist mit 310 neuen Nachbarn zu rechnen. Da der Bau „autostellplatzfrei“ erfolgt, ist mit zusätzlich 80-120 PKW zu rechnen, die in der Anwohnerparkzone nach Parkmöglichkeiten suchen werden.
Im Jahr 2015 endete die Öffentliche Plandiskussion eines früheren Investorenplans mit einem Beschluss der Bezirksversammlung, die weitere Planung auf ein Bauvolumen von 7.330 Bruttogeschossfläche und eine Bauhöhe von maximal 9.50 Metern zu begrenzen.
Etliche Anwohner, darunter Mitglieder von OTTE60, hatten ihre Fragen per E-Mail an den Ausschuss eingereicht, mit folgendem Inhalt:
- Wie wirkt es sich auf das Vertrauen der Bevölkerung in ihre gewählten Vertreter:innen aus, wenn ein ausgehandelter Kompromiss mitsamt Beschluss der Bezirksversammlung dazu gekippt wird?
- Kann “Wirtschaftlichkeit” ein Grund sein, das Bauvolumen zu verdoppeln, obwohl die Fa. Otto Wulff beim Grundstückskauf 2020 die Beschränkungen und Risiken kannte?
- Wie passt hohe und dichte Innenhofbebauung zum gesetzlichen Gebot der Rücksichtnahme nach §15 Baunutzungsverordnung?
- Auf welche Weise können die Bewohner:innen verbindlich verpflichtet werden, von der Haltung eines Kfz abzusehen?
- Wie verträgt sich der Plan mit der infolge des Klimawandels zu erwartenden weiteren Überhitzung der Stadt?
- Warum wird ein Plan eingebracht der durch Verschattung klimaschützende Pflanzen und Bäume in den Anlieger-Gärten gefährdet?
- Die letzten Bauprojekte der Fa. Wulff haben Mietpreise von mehr als 21,- € pro qm. Wie will man verhindern, dass hier Ähnliches geschieht, und wie wird eine langfristige Bindung der Sozialwohnungen gesichert?
- Warum soll eine Öffentliche Plandiskussion allein auf Basis des neuen Investorenplans erfolgen ohne Berücksichtigung des Beschlusses der BV von 2015?
GRÜNE und CDU rechtfertigten den Investorenplan. Dieser sei städtebaulich gut und der Mangel an Wohnungen in Hamburg deutlich größer als 2015. Die Fa. Wulff habe hohe Kosten durch die Bodenverseuchung mit Kerosin und eine geringere Baudichte sei unwirtschaftlich. Daten dazu wurden nicht geteilt, es bleibt also offen, ob zur „Wirtschaftlichkeit“ belastbare Fakten vorliegen.
Auf die Fragen der Anwohner:innen gingen GRÜNE und CDU inhaltlich kaum ein. Die Öffentliche Plandiskussion sei nur ein „erster Schritt“ und der Investorenplan nehme kein Ergebnis vorweg. Bedenken könnten in die ÖPD eingebracht werden, über die Gebäudehöhe und anderes sei noch nichts entschieden. Gutachten zu Themen wie Verschattung würden noch erstellt.
Auf manche Anwesende wirkten die Vertreter von GRÜNEN und CDU stellenweise wie Lobbyisten des Investors. Die Aussage hier werde kein Präjudiz geschaffen erschien wenig glaubwürdig.
Die Vertreter:innen der LINKEN gingen ausführlich auf die Fragen der Anwohnenden ein und teilten deren Bedenken. Auch von der SPD und VOLT bekamen wir in einigen Punkten Zustimmung.
Die SPD votierte für einen Plan mit 3 Vollgeschossen plus Staffel und einem Bauvolumen bis maximal 12.000 qm Bruttogeschossfläche. Die Notwendigkeit von Wohnungsbau und die städtebauliche Verträglichkeit müssten abgewogen werden, ihr Vorschlag sei ein passender Kompromiss.
Die LINKE plädierte für eine Planung auf Grundlage der 2015 beschlossenen Eckpunkte. Weitere Entwürfe könnten zusätzlich vorgestellt werden. Insgesamt sah die LINKE das Verfahren als Fortsetzung des Verfahrens bis 2015, während die GRÜNEN/CDU Koalition ein neues Verfahren eingeleitet sah und in der Bezirksversammlung die Aufhebung des Beschlusses von 2015 wegen „neuer Erkenntnisse“ beantragen wird.
Sowohl SPD wie auch LINKE plädierten für die Einbringung mehrerer Alternativentwürfe in die Öffentlichen Plandiskussion.
Die VOLT-Fraktion beantragte eine neue Sitzung der Ausschusses bzw. deren Sprecher, auf der der Investor zu seinen Plänen und möglichen Alternativen Auskunft geben sollte.
Die Anträge von LINKEN, SPD und VOLT fanden keine Mehrheit. Der Antrag den Investorenplan unverändert in die ÖPD zu geben, wurde mit den Stimmen der GRÜNEN, der CDU und der bislang schweigsamen FDP angenommen.
Wie geht es nun weiter?
Sofern die GRÜN-SCHWARZ-GELBE Bezirkskoalition Bestand hat, wird die Bezirksversammlung demnächst den Start der öffentlichen Plandiskussion beschließen und den Termin zur Öffentlichen Diskussion bekannt geben.
Dort können dann die Anwohner ihre Ansichten zum Plan kundtun. Die Ergebnisse der Diskussion werden dann zur politischen Willensbildung und Entscheidung beitragen.
Im Ergebnis kann der Investor aufgefordert werden, Änderungen an seiner Planung vorzunehmen oder sie so zu belassen. Dies wird dann Grundlage der nächsten Runde, nämlich Auslegung und Verabschiedung des Bebauungsplans.
Die Initiative OTTE60 wird wie bisher das Ziel verfolgen,
- im Innenhof Wohnungsbau zu ermöglichen
- der ökologisch und sozial verträglich ist,
- mit einem hohen Anteil mietpreisgebundener Wohnungen
- und der die Belange von ökologischem Wohnungsbau und Anwohnern berücksichtigt.
In diesem Sinne werden wir uns konstruktiv in die Plandiskussion einbringen und hoffen dass es nicht nur leeres und beschwichtigendes Gerede ist wenn gesagt wird, über den Plan sei noch nicht entschieden. Die aktive Mitwirkung aller Anwohner an der Öffentlichen Plandiskussion wird für einen Erfolg entscheidend sein!