Bericht vom „Nachbarschaftsdialog“ der Firmen Otto Wulff und Nonconform am 29.06.23

Die Baufirma Otto Wulff, Eigentümerin der für den Wohnungsbau vorgesehenen Fläche in unserem Innenhof, hatte die Firma Nonconform mit einem Nachbarschaftsdialog beauftragt. Dabei sollten gemeinsam mit den Anwohner*innen und anderen Betroffenen Vorstellungen zur Neubebauung entwickelt werden.

Nach einer konstruktiven Diskussion im Plenum der Anwohner*innen entschieden wir uns, teilzunehmen, Präsenz zu zeigen und Wünsche und Forderungen lebendig werden zu lassen. Für uns, OTTE60, war und ist wichtig, dass die 2014 am Runden Tisch vereinbarten und vom Planungsausschuss der Bezirksversammlung bestätigten Eckpunkte Grundlage der Planung sind:

  1. Begrenzung der Gebäudehöhe und der Geschosse auf max. drei Geschosse ohne Staffel und Begrenzung der Geschosshöhe auf 9,20 bis 9,50 m
  2. Begrenzung des Bauvolumens auf max. 7.332 qm BGF

(Anmerkung: Sollte die Baufläche kleiner sein als 2014 geplant, so ist auch das Bauvolumen entsprechend zu reduzieren.)

  • Sozialverträgliche Bebauung mit mind. 30-50% der BGF als öffentlich geförderter Wohnungsbau
  • Intelligente Lösung für die Zufahrten
  • Bevorzugte Umsetzung von autoarmem Wohnen, z.B. in Form von Baugemeinschaften
  • Beteiligung der Anwohner und der Bezirkspolitik an der Wettbewerbsjury

Auf dem Plenum der Anwohner*innen hatten die mehr als hundert Anwesenden einstimmig eine entsprechende Stellungnahme verabschiedet. Diese wurde dann auch, namentlich unterzeichnet, von einer Vielzahl von Anwohner*innen in die von Nonconform aufgestellte Ideenbox eingegeben. Auch auf der Website von Nonconform äußerten sich Anwohner*innen entsprechend. Zusätzlich wurden Wünsche nach einer ökologischen, klimaverträglichen Bebauung und Erhaltung des Baumbestandes geäußert. 

Beim Nachbarschaftsdialog am 29. Juni 2023 hatte Nonconform vormittags Schulklassen der Grundschule Bahrenfelder Straße und die Schülervertretung der Max-Brauer-Schule eingeladen. Hier wurden insbesondere Wünsche nach einer ökologischen, klimagerechten Gestaltung des Innenhofs und nach Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche geäußert. Am Nachmittag fanden Diskussionsrunden mit Anwohner*innen statt. Hier waren insbesondere die Eckpunkte Bauvolumen, Gebäudehöhe, Mieten und Zufahrten Thema, außerdem Fragen von Ökologie und Klima. Ein weiteres wichtiges Thema war die Frage, wie die von der Firma Otto Wulff angekündigte Partizipation als Mitentscheidung – nicht nur Anhörung! – der Anwohner*innen in einem verbindlicher Rahmen stattfinden kann.

Für den Abend hatten Otto Wulff und Nonconform alle Anwohner*innen zur Fortsetzung der Diskussion eingeladen. Auch die Bezirkspolitik war eingeladen, es kam jedoch nur Rainer Bielfeldt, zugewählter Bürger im Planungsausschuss für die Fraktion der Linken. Nach Vorträgen von Nonkonform und Otto Wulff, legten wir, OTTE60, unsere Position dar. Stefanie Mahler und Ali Wichmann erläuterten, warum unsere Eckpunkte Voraussetzung für eine soziale und ökologische Nachhaltigkeit der Bebauung sind. Sie nahmen u.a. Bezug auf die Stadtplaner Fritz Schumacher und Gustav Oelsner, die in den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts die Forderung nach „Licht, Luft und Sonne“ für die Bewohner*innen zur Grundlage der Stadtentwicklung gemacht hatten. Stefanie und Ali bekamen für ihre Ausführungen donnernden Applaus der Anwohner*innen.

Im Anschluss wurden die genannten Fragen an drei Tischen vertieft diskutiert. Neben den Moderator*innen nahmen dabei Mitarbeitende der Firma Wulff sowie des Architekturbüros LRW teil, die bereits am Morgen und am Nachmittag beteiligt waren.

Nahezu alle von den Anwohner*innen eingebrachten Ideen erfordern ein niedriges Bauvolumen. Eine Baudichte wie in der Neuen Mitte oder den Kolbenhöfen würde kaum Möglichkeiten lassen für Begegnungsflächen, entsiegelte Grünflächen, Spiel- und Sportanlagen. Auch die angesichts der globalen Erwärmung dringend erforderliche Durchlüftung wäre nicht gegeben. Kolbenhöfe und Neue Mitte wurden von vielen Anwohnern als Negativbeispiele angeführt.

Der Vertreter der Firma Wulff, Herr Hinsch, bestätigte, dass seine Firma aus ökonomischer Sicht an einer maximal möglichen Baudichte interessiert sei. Aber das Bauvolumen sei gar nicht maßgeblich, es komme auf die Qualität an. Die Architekten hätten da findige Lösungen, wir sollten Vertrauen haben. Seitens der Anwohner*innen wurde entgegnet, dass es hier um unterschiedliche Interessen gehe.  Notwendig sei ein verbindlicher Rahmen für die Mitbestimmung der Anwohner*innen bei der Planung. Otto Wulff bot hierzu einen vierteiljährlich tagenden Jour Fixe oder einen erneuten Runden Tisch als Möglichkeit an. Mehrere Anwohner*innen betonten, dass durch das Verhalten der Investoren und der Politik in der Vergangenheit viel Vertrauen zerstört wurde. Der Moderator von Nonconform fasste es sinngemäß in die Worte: „Ich habe verstanden: Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre für Sie, wenn am Ende von all Ihren guten Ideen bei der Planung nichts übrigbliebe.“ Dem können wir nur zustimmen.

Die Firma Nonconform will die Ergebnisse des „Nachbarschaftsdialogs“ nun ihrerseits auswerten und demnächst auf ihrer Website veröffentlichen. Wir sind gespannt.

FAZIT:

  • Gut hundert Anwohnerinnen und Anwohner aus den an den Innenhof angrenzenden Häusern haben sich am Nachbarschaftsdialog beteiligt. Gemeinsam, geschlossen, konstruktiv und mit guten Argumenten haben wir uns für eine nachhaltige, sozial und ökologisch verträgliche Bebauung stark gemacht. Wir haben deutlich gemacht, dass die mit der Politik vereinbarten Eckpunkte der verbindliche Rahmen hierfür sind.
  • Leider ist auch nach der Veranstaltung völlig unklar, wie weit unsere Ideen und Forderungen Einfluss auf die nun beginnende Planung haben werden. Das Angebot von Waffeln, Kaffee, Eis, Burgern und kalten Getränken, bezahlt von Otto Wulff, kann darüber nicht hinweg täuschen.
  • Zu keinem der Eckpunkte bezogen die Vertreter*innen von Otto Wulff konkret Position – nicht zum Bauvolumen, nicht zur Gebäudehöhe, nicht zu den Mieten, nicht zu den Zufahrten.
  • Die Firma Otto Wulff hat eine regelhafte Beteiligung der Anwohner*innen an der weiteren Planung angeboten. Es muss nun, als erste vertrauensbildende Maßnahme, ein verbindlicher Rahmen geschaffen werden, der unsere Mitentscheidung bei den anstehenden Planungsschritten sicherstellt. Hier ist auch die Politik gefordert.

5.07.2023, Arbeitsausschuss OTTE60

Beteiligte Firmen und Ansprechpartner

Projektentwicklung / Investor: Otto Wulff
https://www.otto-wulff.de
– Vivian Rutkowski als Projektentwicklerin zuständig für unseren Innenhof
– Benjamin Hinsch, Prokurist bei Wulff, Vorgesetzter von Fr. Rutkowski
– Henriette Breede, technische Projektleiterin

Projektplanung: LRW Architektur u. Städtebaubüro Ottensen
https://www.lrw-architekten.de
– Rudolf Rüschoff, Partner

Prozeßbegleitung / Nachbarschaftsdialog: Nonconform
https://www.nonconform.at
https://www.nonconform.io/de/nachbarschaftsdialog-ottensen60/
– Maria Isabettini aus Berlin (Geschäftsführerin u. Architektin) organisiert Nachbarschaftsdialog zusammen mit Christof Isopp (aus Wien)

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